Danke. Also, dann los!
Anneliese ging los, der Herzog hintedrein. Den Anfang machte ein nordhanarischer Waggon. Was es da alles zu sehen gab, an den Wänden befanden sich Anzeigen, flach wie ein Bilderrahmen und doch änderten sie ständig ihren Inhalt. Ob man das wohl von rückwärts durch ein kompliziertes optisches System auf eine Mattscheibe projizierte? Für ein „Margällchen“ verstand sie eigentlich viel von Technik und Chemie, das brachte schon der Beruf mit sich, sogar mit Arsen hatte sie mal ein kompliziertes Verfahren angewendet. Dieses Arsen war im übrigen in Korland wohl weit leichter zu haben als in Nordhanar, was Anneliese aber freilich nicht wußte. Nie hatte sie rausgedurft.
Diese merkwürdigen Bilderrahmen, die sich ändern, was ist das eigentlich, wißt Ihr das? Ist da ein Projektor hinter der Wand?
Vor 50 Jahren oder so – es ist inzwischen eine ferne Zeit, auch wenn sich in Korland bis vor kurzem wenig verändert hat - durfte man das Land noch einfach so verlassen und wieder betreten, aber dann wurde Masowien kommunistisch und Linke Bewegungen griffen unter den Studenten im Ausland Platz. Da hatte der Alte, wie man Degenberg in Korland auch 35 Jahre nach seinem Ableben, immer noch nennt, dicht gemacht und es durften nur noch wenige reisen, höchste Eliten oder ein paar Matrosen, die zum Schweigen verpflichtet waren, aber doch wundersame Geschichten von außerhalb erzählten. Aber um zu wissen, wie rückständig Korland war, da brauchte man kaum zu reisen. Das wenige, was über Rundfunk und Fernsehen hereinkam, war genug. Man verstand es kaum, wovon die Radioreporter in Alsztyna, Dreibürgen oder Nord-Ostantika sprachen, wenn sie über Technik und Gesellschaft sprachen. In den letzten Jahren waren auch viele dieser Informationsquellen verstummt, man hatte die Lang- und Mittelwellensender einfach abgeschaltet. In mancher letzten Sendung hatte man sich von den korischen Zuhörern „persönlich“ verabschiedet, wußte man doch, daß sie fast die einzigen waren, die noch übrig geblieben waren. Die die geblieben waren, ließen es oft nicht verkennen, daß sie ihrerseits Propaganda verbreiteten.
Sie werden jetzt viellaicht lachen, aber wir haben ja von Außen so wenig mitbekommen, wir wußten zwar, daß wir hinter dem Mond leben, aber nicht wie sehr und daß es woanders so anders ist. Das ist hier alles so kollosal futuristisch!
Das Regime machte aus dieser Rückständigkeit auch keinen Hehl daraus, schließlich war man ja christlich und konservativ und von dem Amischen drüben in den Staaten, die ohne Strom und fließend Wasser in den Staaten leben, wußte man auch und mit manchem Lob war das gute Besipiel von Heinrich Degenberg bedacht worden. Im Vergleich dazu, war selbst Korland ein modernes Land.
Wir leben hier wirklich wie die Amischen dagegen - naja, wenigstens haben wir Strom und fließendes Wasser.
Die Steckdosen in den Zügen schienen merkwürdig, sie hatten alle einen Schutzkontakt, wie man sie in Korland nur in feuchten Räumen hatte, aber dann kam es Anneliese, diese Züge sind ja aus Blech, es wäre lebensgefährlich, wenn sie keinen hätten. Ein vertieftes Wissen htte sie davon aber auch nicht, nur eben das, was man ihr in ihrer Laborantenlehre gesagt hatte, den Dunkelkammern sind Feuchträume und in Feuchträumen muß eine Erdung vorhanden sein. Eine nicht geerdete Trockenpresse neben der Wasserleitung ist ein tödliches Risiko und doch hielt man sich wohl längst noch nicht in allen Betrieben daran, wie eine Mitschülerin auf der Berufsschule am eigenen Leib spüren mußte.
Ich sehe, die Steckdosen haben ja alle Schutzkontakte, abe rhier ist es ja gar nicht feucht... Eine Mitschülerin in der Berufsschule ist mal an einer ungeerdeten Trockenpresse.. Es war tragisch... Hm, das heißt es ist ja so viel Metall, vieleicht ist es das?
Was war noch in diesen phantastischen neuen Waggons, offenbar hatte man sie auch mit einer Luftkühlung ausgestattet, wie der Schalterbemate gesagt hatte, denn sie waren in der Sommerhitze so angenehm kühl, wie sie nur sein konnten. Wenn sie sich das doch nur hätte leisten können, aber dann hätte sei mit leeren Händen in Bronn gestanden und irgend etwas wolte sie doch erwerben und sei es auch bloß eine winzige Kleinigkeit als Mitbringsel oder dort einmal eine Kugel Eis oder ein Stück Torte probieren. Die Sache mit der Sprache machte ihr zwar immer noch Angst, zwar kannte sie ein paar Brocken Masowisch, aber Valbronnisch allerdings hatte sich das ja nun geklärt..
Diese Luftkühlung hier ist wirklich herrlich, die sollte man überall einbauen, draußen ist es heiß und innen kalt, aber das hätte ich mir nicht leisten können, ohne total blank zu sein...
Wie anders sahen sie überhaupt aus diese Waggons, wo bei den einheimischen Waggons lackiertes Holz das Blech verkleiderte und die Sitze mit Stoffen bespannt waren oder Leder, wenn sie nicht ebenfalls aus Holz waren, wie in den dritten Klassen, es waren Materialien aus Kunststoffen, so eine Art Beschichtung un die Farben, sie sahen so anders aus wie aus einer anderen Welt, wie aus einer fernen Zukunft, aber es war der Stil und die Farben, den sie bei Touristen nun schon einige Male gesehen hatte, auch wenn sie sich von denen bisher etwas fernhielt. Sie wußte, daß Touristen oft einen unrealistischen Eindruck hinterließen, sie wollte die Leute bei sich zuhause kennenlernen. Aber das war schwierig, sie nicht zu bemerken, sie waren ja im kleinsten Dorf.
Und die Materialien, die sind ja alle ganz anders hier, alles so neu und futristisch, wie aus einer anderen Welt. Aber so langsam gewöhne ich mich, die Touristen sehen ja auch irgendwie so aus.
Aber sie waren eben auch nüchterner, kein Geruch nach Wachspolitur und manche Waggons schienen von außen beschmiert oder bemalt zu sein. Wie konnte es denn Leute geben, die Waggons einfach mit Sprühpistolen überzogen. Wer hatte das denen wohl erlaubt, oder hatten sie gar nicht gefragt? Warum aber tat man das?
Aber irgendwie fehlt auch was, es riecht so anders und ist manchmalk sehr nüchtern und da an den Fenstern, von außen, was ist das? Das ist doch Farbe...
Einen Blick in das Stille Örtchen erhaschte sie dann auch noch, alles war so unglaublich modern, man öffnete die Türen mit ganz flachen offenbar elektrischen und von innen mit Glühlämpchen (LEDs natürlich) oder dergleichen beleuchteten Tastern. Das war etwas anderes als die Drehknebel und das Wasser begann zu laufen, ohne, daß man da etwa anfassen mußte. Aber lieber schnell raus, bevor es teuer wird.
Selbst der Abtritt, wie in einer Mondfähre...
Es half ja nichts, sie mußte einen der korischen Waggongs nehmen. Aber wenn sie auch beid en Waggons aus Nordostantika so viel gestaunt hatte, so schien der Beamte von vorhin in einer Sache doch recht gehabt zu haben, die korischen Polster waren wirklich weicher und komfortabler, das hatte sie bei einem kurzen Probesitzen dann doch bemerkt. Warum saßen so reiche Leute freiwillig so schlecht, die zweite war kaum besser gepolstert, als wenn man sich in der Dritten ein Reisekissen unterlegt. Nun waren die Strecken jenseits der Grenz doch sicher länger.
Aber ich glaube, wir müssen dann auch wieder zurück. Nur eines verstehe ich nicht, warum sind unsere Polster ind er Zweiten besser als Ihre in der ersten? Aber man muß auch nicht alles verstehen.
Also begab man sich zurück und Anneliese nahm wieder in einem der korischen Abteile Platz, wo es aber beim Durchgehen ao schien als hätten auch Ausländer sich mit den korischen Wagen begnügt oder waren es Landsleute, die sich der neuen Mode bereits angepaßt hatten, sie versuchte es zu erlauschen.
Interessant, wie bei Ihnen so ein Waggon aussieht, wirklich, es macht mich sprachlos.