Der Kaisersburger Hauptbahnhof

Macht ganz große Augen

Ist noch erstaunter.

War der Zug bis jetzt ausgeblieben, tat sich nun doch unvermittelt etwas, plötzlich erhielt ein Zug Einfahrt - hätte man es voraussehen wollen hätte man das plattdeutsche Gespräch zweier Bahnbeamten belauschen müssen, bei dem ein "Wi hebbe wedder genog Strom, et chejt loot!" zu vernehmen war. Folglich handelt es sich nun entgegen den Worten des Zugführers doch um eine Elektrolokomotive, offenbar hat man das Problem mit dem fehlenden Strom doch noch "irgendwie" lösen können.

Am nächsten Tag wird man allerdings in einem erbosten Artikel in der Kallenburger Zeitung über dieses "irgendwie" lesen können, daß man weiten Teilen Kallenburgs einfach den Strom abgedreht hat, um einer Vertragsstrafe mit der nordostantikäischen Eisenbahn zu entgehen. Dabei seien in den nordostantikäischen Waggons die Klimaanlagen auf vollen Touren gelaufen, die Reisenden sollen dabei ihre Notebooks betrieben und ihre Akkus an den Steckdosen geladen haben, während der Direktor des Kallenburger Krankenhauses (Spitals) um jede Kilowattstunde kämpfen mußte, und man liest auch, daß in der Ortsleitung der Vaterländischen Front und in den Hotels das Licht gebrannt haben soll. So mancher Eisschrankinhalt soll dabei den Gang alles Irdischen gegangen sein.

Fachkundigen wird auffallen, daß es sich um die die stärkste Elektrolokomotive der KEBV handelt, die nun von 180 km/st auf ihre zunächst nicht realisierte Höchstgeschwindigkeit von 225 km/st aufgerüstet wurde, die in Korland allerdings noch kaum ausgefahren werden kann. Böse Zungen unken allerdings, daß die Bremsanlage nach wie vor für diesen Zweck nicht geeignet ist und dringend der Nachrüstung mit beispielsweise nordhanarischer Technik oder einer Eigenentwicklung bedürfte. Auch die korischen Waggons sind kaum für diesen Zweck gebaut.

Bei der Einfahrt hört man das gewohnte "Zurückbleiben!", dann öffnen die Schaffner die nach in Korland noch kaum automatisierten Zugtüren, während die Türen der nordhanarischen Waggons mittels in der Lokomotive nachgerüsteter Fernsteuerung von selbst öffnen.

Anders als wohl in Nordhanar fahren die korischen Lokführer noch im Stehen wie im Dampflokzeitalter, um ein Einnicken bei der Fahrt zu verhüten, allerdings sind einige Lokomotiven nach der Nachrüstung der in Korland im Schienennetz noch nicht überall vorhandenen induktiven Zugsicherung und der Sicherheitsfahrschaltung auch auf sitzende Bedienung umgebaut worden, diese hier aber zum Leidwesen des Lokführers nicht. Freilich fehlt den Lokomotiven auch nach wie vor eine moderne Leistungselektronik. Allerdings arbeiten die Ingenieure im Eiltempo und mit zugekaufter Technik aber wenig Mitteln daran, ebenso wie an einem äußerlich moderneren Aufbau, um die Lokomotiven eventuell auch im Altreich absetzen zu können. Sehr zum Entsetzen der nordhanarischen Eisenbahner, unter denen manche fürchten, daß man sie vielleicht aus politischen Gründen mit rollendem Material aus Korland ausstatten könnte, um iregndwie Arbeitsplätze zu sichern. "Bei denen in der Zentrale, da weiß man ja nie, die müssen ja nicht damit fahren..."

Denkt im Gehen: Zweite Klasse fahren, ist nicht wie Erste, aber weit besser als Dritte, auch zweite Klasse ist Polsterklasse und mit diesem Begleiter, da war das ja fast wie erster Klasse und auch die Polster der zweiten sind eigentlich herrlich weich, einmal war sie Zweiter gefahren als es noch besser um Korland stand. Wie es sich wohl in der ersten sitzen würde? Aber viel lieber würde sie dennoch eigentlich in einem dieser nordostantikäischen Waggons sitzen. Einen Gang durch einen dieser Waggons will sie sich aber freilich nicht nehmen lassen. Dann klettert sie eine Treppe empor, Ladies first, wobei ob das hier galt,,. Was war sie aber auch neugierig... Hoffentlich hat der Herzog. Schließlich nimmt sie in einem 6-sitzigen Abteil Platz, der Herzog im Gefolge

Ein Trupp besetzt den Hauptbahnhof, der Zugverkehr wird eingestellt...

In Morgengrauen passiert es, wie von Geisterhand ertönt über die Lautsprecheranlage die Durchsage "Liebe Freunde und Genossen, zum 1. Mai, dem internationalen Kampftag der Arbeiterklasse und zum Ärger aller Faschisten, Bourgeois und Reaktionäre, übermitteln wir allen fortschrittlichen Werktätigen die Kampfesgrüße und ein Ständchen" und schon beginnt die Internationale zu erklingen. Der spontane Versuch der Beamten den Lautsprechern den Strom abzudrehen mißlingt, denn offenbar wurde eine zweite Stromversorgung gelegt und über Zeitschaltuhr eine Bandaufnahme eingespielt. Es dauert eine ganze Weile, bis das Bahnhofspersonal die eingesprochene Propaganda zum Erstummen bringen kann.

Dem guten Waldemar der gerade aus einen eingefahrenen Zug aussteigt , entfällt doch glatt die Zigarre, bei der Ansage und der Musik. Schnellen Schrittes eilt er zum Büro des Vorsteher und verlangt im scharfen Ton jenen zu sprechen.