Wu Zhengyu, die, wie aufmerksame Leser wissen, einige Jahre im Ausland gelebt, studiert und gearbeitet hatte, schlendert durch die Hauptstadt. Um nicht weiter aufzufallen ist sie mit einem grauen Kostüm aus einheimischer Produktion bekleidet, wie es typischerweise Büroangestellte und Sekretärinnen in der Hauptstadt tragen, dazu eine volkseigene Sonnenbrille. Der Stoff der Bluse kratzt, findet Wu Zhengyu und bei der Sommerhitze ist die steife nicht eben atmungsaktive Kunstfaser aus inländischer Fabrikation auch nicht eben ein Vergnügen. Warum haben wir nicht mal genug Baumwolle, fragt sich Wu Zhengyu...
Von Einkaufsbummel kann keine Rede sein, viele Schaufenster ziert gähnende Leere, die manchmal mit Probagandaplakaten "gefüllt" ist; andere Geschäfte sind offenbar seit Jahren zum Zwecke der "Renovierung" geschlossen. Vor den wenigen besser versorgten Verkaufsstellen haben sich zum Teil lange Schlangen gebildet. Die wirtschaftliche Unbedarftheit des Regimes hatte sie in den Jahren in Albernia verdrängt. Aber weiß sie nicht, daß man hier systematisch alle Managementprinzipien nicht beachtet?
Was soll sie hier in der Öde der Hauptstadt eigentlich, die doch nichts außer den pompösen Gebäudekulissen und Propagandaplakten bietet. Das ist schließlich der Teil der Hauptstadt, der allen Leuten "gehört" und nicht der Teil, wo die hohen Funktionäre leben.
Wu Zhengyu hat Lust auf ein Eis... Sie stellt sich mit den Leuten in eine Schlange. Es wird mindestens eine halbe Stunde dauern, soviel ist gewiß, hoffentlich ist es wenigstens genießbar. Vielleicht könnte sie mit den Leuten reden, aber was... Sie weiß ja gar nicht, wovon man gerade redet. Also erst mal zuhören, was geredet wird.