Photohandlung und Atelier, Edgar Blaudschun

  • Photohandlung und -atelier Blaudschun



    Edgar Blaudschun, ein Herr im etwas fortgeschritteneren Alter, war in seinen jüngeren Jahren Pressephotograph gewesen, nun übte er diese Tätigkeit nur noch gelegentlich aus, hatte er doch ein eingesessenes Photogeschäft unweit des Domes übernehmen können, das er jetzt zusammen mit seiner Frau und einer weiteren Mitarbeiterin betreibt, die mal im Verkauf, dann im Atelier selbst dann mal wieder im Labor tätig ist.

  • In der letzten Zeit war es schwierig geworden, an ausreichend Filme und Photopapiere heranzukommen, die Trockenplattenfabrik Joseph Kupferberg in Tannenberg belieferte wegen schwieriger wirtschaftlicher Lage und knapper Gelatine - auf Grund der Mißernten waren wohl die Viehbestände gesunken, von den importierten Rohstoffen nicht zu reden - nicht mehr regelmäßig, auch fehlte den Leuten oft das Geld, so daß es vielfach bei kleinen Abzügen und wenigen Kopien blieb. Die Mittel, um sich große Vorräte anzulegen, wenn mal Material da war, fehlte Blaudschun dann aber auch, zumal die Qualität und Haltbarkeit in den letzten Jahren immer schlechter geworden waren - gerade, was die Farbfilme anging. Es muß endlich etwas im Land passieren, so dachte der Chef, würde sich nicht bald etwas ändern würde er jedenfalls seiner Mitarbeiterin kündigen müssen. Ein Freund des reaktionären Regimes war er nie gewesen, aber ob jetzt die Monarchie die bessere Alternative sein würde? Was man da aus Dreibürgen hörte, klang auch nicht immer schön. Eine echte soziale und liberale Demokratie, das wäre es, was man braucht, aber keinen Herzog, der dann hier von Gottes Gnaden den Ton angeben will.Was wohl die Zukunft bringen würde und auf welche Änderungen er scih im vorgerückten Alter noch würde einstellen müssen?

  • Anneliese ordnete aus Mangel an echter Arbeit das Archiv neu. Der Vater war kürzlich arbeitslos geworden und wenn sie sah, wie knapp die Arbeit hier im Moment war, dann konnte es auch nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie ihre Stellung verlieren würde. Dann würde man wohl Verwandten auf dem Land um Hilfe bitten müssen, aber denen ging es ja auch nicht wirklich besser. Wie sollte das bloß weitergehen, seit ein paar Jahren ging es nur noch bergab mit Korland.

  • In einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Väterlichkeit zu Fräulein Richter.


    Hören Sie Fräulein Annelies, ich muß mit Ihnen reden. ;So leid mir das tut, aber ich kann Sie keine 48 Stunden in der Woche mehr beschäftigen, ab sofort haben Sie zwei freie Tage in der Woche und leider auch entsprechend weniger Geld. Ich habe jetzt wirklich versucht, alles so lange herauszuzögern, wie es ging, aber mehr als 40 Stunden kann ich Ihnen beim besten Willen nicht mehr bezahlen. Und ich kann ihnen leider nicht mal sagen, wie lange das noch geht, meine Frau beklagt sich unentwegt darüber, daß ich keinen härteren Schritt mache und ergibt sich Sepkulationen, ob da etwas anderes ist. Kind, ich weiß ja Ihr Vater, aber Sie sehen ja, die Kundschaft bleibt weg. Photos und Kameras sind leider eben leider keine Sache für schlechte Zeiten.

  • Seufzt


    Ich habe gewußt, daß dieser Tag einmal kommen würde, ich habe sogar mit Schlimmerem gerechnet, Herr Blaudschun. Ich bin Ihnen dankbar, daß sie alles so lange aufegschoben haben. Aber das wird jetzt für uns eine sehr harte Zeit. Ich weiß nicht mehr, wie das weitergehen soll, alles geht nur noch bergab.

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    Der Fernsprecher der Photohandlung schellt.[/tel]

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    Spirituosen- & Likörunternehmer

    Regierungspräsident des Regierungsbezirkes Ortelstein

  • Ein Vetreter aus Seyffenstein hat sich schon mal daran gemacht, den neuen Markt zu erschließen


    Schauns Höör Blaaudschuhn, des öörste woas Sie brauchan, des iest doch ääne Digidoale Fottoausrüüstung. Des ies a gar net mehr deier! Jed's Buiderl bezoahlt die Kamera ab, ned so wie jeedzd, wo's ümmer Fuim und Chemikalien bzoin miassen. Woas doa spoarn, doa spoarn's joa mehr ois wiea's verdiena! Aa Druucker brauchens nadielrich aa und der rest geht ins Großlabor!


    Naja und wenn's des jeezd noch ned kennan, dann wui I Erna wos anders zäägn. I vertret a Fuim und Fotobapier. Schauns des sand Foarben und ned des verblaubte Grün und des fahle Goib und des schlecht gezeichnete Rot vo ernaren Fuimen und Babiern! Woos sie bies jeezd hoatten, des is des dooch Stand Fuffzger Joahr, wenn überhaupt! Und des Photopapier, des is a vui biliger und shnöiller z'veroarbäiten. Des is kuunststoffkaschiert und a Liechtschutzbaderl brauchens a nimmer. Und schärfer und empfühndlicher sant die neien Fuim um aa noch. Überhaupt, die Entwicklungszeiten sand kürzer, des spoart Erna aa Mordsgoid!



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  • Blaudschun spricht in einem korisch gefärbten Hochdeutsch zu dem Mann, der offenbar aus dem Kaiserthum stammt, Seyffenstein vielleicht, aber viel bekam man ja bis jetzt von außen nicht mit und wann hörte man mal auswärtige Dialekte. Vielleicht im auswärtigen Rundfunk, oder in einem Spielfilm.


    Ejnen scheenen juten Tach erst moal! Nich so stirmisch metde jungen Färde. Soagen se moal, se sei doch nich von hier, woher kome se denn ejentlich.


    Das heert sich joa man chanz scheen an, aber wat sall das man kosten. Ech gloob nich, daß ech mir dat lejsten kann, so een elaktrische Kamerache und was ich da noch so brouch.


    Nu, das sieht joa ooch chanz scheen ous, met die lejchtenden Foarwen, wie jemoale. Nu, aber wänn ich und alle andern da bej ihne beställ, moakt dann nuscht nich unsere Fabrik keenen Umsatz mehr und jejt Konkurs? Ech han ook een Marjällche in de Dunkelkamer, was soll ech dann met dem Marjällche moachen? Nu se hilft mir ooch bej andern Dingen, aber das lastet se nu doch ooch nich ous.

  • Bedient eine Kundin


    Jawohl Frau Kaludrigkeit, bitte einen neuen Rollfilm zu 75 Pfennigen und hier die Abzüge, das macht 1,65. Ihr kleiner Hund ist aber auch reizend, die Negative habe ich alle selbst vergrößert, Fräulein Anneliese hatte da ja ihren freien Tag. beehren Sie uns doch bald wieder und bestellen Sie Grüße an Ihren Mann.


    Ja, da haben Sie Recht, schlimm mit den Bombern, wer hätte das für möglich gehalten... Ich saß auch im Luftschutzkeller....

  • Begibt sich, da keine weiteren Kunden mehr im Laden sind, in die Dunkelkammer, in den Händen hält er die noch unbearbeiteten heute zur Entwicklung abgegeben Filme und Photoplatten.


    Dort angekommen schaltet er das Licht ein, schließt hinter sich ab und bildet verschiedene Gruppen, die Umkehrfilme für farbige und schwarzweiße Diapositive und Schmalfilme bilden die erste, diese Umkehrfilme werden mit Entwicklung verkauft und gehen in die Umkehranstalt des Herstellers, damit hat Blaudschun nichts zu tun, die zweite Gruppe bilden die Farbnegativfilme, die werden zweimal in der Woche bearbeitet, die dritte Gruppe bilden die niedrig- und mittelempfindlichen Schwarzweißfilme, die er in einem Feinkorn-Ausgleichsentwicker hervorufen wird, die vierte Grupe bilden die hochempfindlichen Filme, die er in einem Ultrafeinkornentwickler baden wird. Eine letzte Gruppe bilden die Glasplatten, die in einem Plattenhalter entwickelt werden müssen oder in der Schale. Weiter sortiert er, ob Wünsche wie forcierte Entwicklung vorliegen. Schließlich werden Problemfälle einer bevorzugten Behandlung zugeführt, das sind lange über das Garantiedatum hinaus abgelaufene Materialien und ausländische Fabrikate, deren Entwicklungszeiten er nicht so genau kennt. Diese will er während der Entwicklung durch kurzes Einschalten dunkelgrünen Lichts kontrollieren.

  • Nachdem die Filme sortiert und mit laufenden Nummern versehen sind - man muß ja schließlich nach der Hervorrufung wissen, welcher Kunde was benötigt und für wend er Film überhaupt bestimt ist - hängt Blaudschun die Filme in die Bäder. Nach Hervorrufen, Unterbrechen, Fixierbad und schließlich Schlußwässerung, um den Fixiernatron herauszuspülen begutachtet er die Negative. Wie üblich in der lichtschwachen Zeit etwas dünn, er hatte schon etwas großzügig entwickelt, aber man konnte ja auch nicht einfach hingehen und die richtig belichteten Filme überentwickeln, damit die Unterbelichteten dichter wurden.


    Neben den erwähnten Filmen wurden inzwischen auch Speicherkarten und andere Datenträger abgegeben, aber auch die gingen zu Kupferberg, einen Ausbelichter oder Drucker anzuschaffen hatte Blaudschun erwogen, aber das war ja jetzt wohl hinfällig geworden. Zum Glück war er bis auf eine Warenprobe nicht auf das Angebot des Seyffensteiners eingegangen, das heißt einige meist preiswerte Digitalkameras hatte er im Laden gehabt, die man ihm aber in den letzten Tagen förmlich aus den Händen gerissen hatte. Von Kollegen hörte er nun, das Kupferberg den "Abtrünnigen" nichts mehr lieferte, auch dieser Umstand und daß Filme und Papiere bald "aus" sein könnten, führte zu einer Auftragsflut. Auch trachteten die Leute sich zu Weihnachten und Neujahr mit Aufnahmematerial zu versorgen und manche, die überhaupt nicht die Ausrüstung zum Selbstverarbeiten besaßen, kauften Chemikalien und Papiere gleich mit, um im Fall der Fälle jemanden das erledigen zu lassen. Dieses Material begann jetzt in seienr eiegenen Dunkelkammer zu fehlen, so daß er mit Gradationen und Papiergrößen teils etwas improvisieren mußte


    Die Vorrräte an Filmen und Photopapiern für den Verkauf neigten sich jedenfalls teils rasant dem Ende zu und auch wenn er noch beliefert wurde, war das Material jetzt rationiert und würde unter Umständen bald eine miserable Qualität haben oder die Produktion womöglich ganz eingestellt werden. Aber so genau kannte sich Blaudschun damit nicht aus, wie das mit der Rohstoffbasis dafür aussah. Er entscheid sich jedenfalls einen gewissen Vorrat zurückzuhalten, den er für seine Arbeit benötigte.

  • Auch in der Photohandlung Blaudschun war ein Teil der Auslage durch Feuerwerk ersetzt; es war absurd, war bei anderen Artikeln exakt vorgeschrieben, was man verkaufen durfte, was dazu führte, daß in einem Photogeschäft nicht mal Photobücher verkauft werden durften, gab es nun zwischen Photoapparaten und Entwicklerchemikalien Pyrotechnik. Über das Jahr führte man dieses Sortiment nicht mit einer einzigen Ausnahme, das Blitzlichtpulver, ob nun lose oder in Beuteln, das nun so mancher auch als weiteren pyrotechnischen Artikel entdeckte, der damit sonst nichts zu schaffen hatte.

  • Das feuerpolizeiliche Rauchverbot fordern sie bitte ein, wenn ich im Atelier bin, ich habe keine Lust, daß mir hier der ganze Laden um die Ohren fliegt, schicken Sie die Leute notfalls zur Gansloweit. Das heißt, nein, wenn die unvorsichtig ist, muß man ja nicht auch noch... Die Leute werden schon wissen, wo der Leichtsinn und die Unvernunft zuhause ist!

  • Selbstverständlich, ich habe auch Besseres zu tun als hier mit dem Laden in die Luft zu fliegen, aber eigentlich kann ja nicht viel passieren, das Feuerwerk ist hintem im Regal und auf der Theke und die Leute sagen, was sie wollen... Oder soll ich die Großpackungen für den losen Verkauf lieber... Es gibt ja Länder, da ist sowas verboten, Böller und Raketen lose zu verkaufen und alles in unbrennbarem Kunststoff, habe ich jedenfalls im Radio gehört, also nicht bei uns natürlich...

  • Ach nein, hier ist Rauchen verboten, dann kann auch nichts passieren, wenn man da einfach reingreifen oder reinzeigen kann, dann wird auch mehr gekauft als wenn man fragen muß und Sie das aus dem Regal holen müssen.


    Das stimmt wohl, aber Sie könnten es auch schlechter haben, früher waren die Filme aus hoch brennbarer Nitrozellulose, da konnte einem schon bei Sommergluthitze der ganze Laden oder das Kino abbrennen. Wir werden hier jedenfalls sorgsam sein und nicht wie dieses leichtsinnige Fräulein Thusnelde das Risiko suchen und überhaupt nicht u verstehen.

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