Beiträge von Geschehen in Wiedemünde

    Nachdem die Gäste eingetroffen waren, begaben sich Wilko Wolters und Journalisten verschiedener Presseorgane auf die Bühne. Jedenfalls Wolters begrüßte sämtliche der Gäste mit Handschlag, dann ließ er sich auf seinem Platz an einem Pult nieder, wo er seine Unterlagen aufschlug.


    Wolters trug eine nachtblaues zweireihiges Jackett mit silbernen Knöpfen und einer hellgrauen Tuchhose, auch sein Binder war blau. Es sollte wohl mit der Farbwahl die Verbundenheit mit der maritimen Geschichte der Stadt zum Ausdruck bringen oder war doch nur zufällig gewählt, wirkte aber vielleicht etwas altmodisch, aber was wollte man von einem 86jährigen auch den neuesten Schrei erwarten.


    Wilko und Wilke, das war allerdings ein Zufall, aber ob es etwas zu bedeuten hatte, das wußten wohl nur die Götter, denn Wolters hatte es lebtags vermieden, sich als Gänger dieser oder jener Partei zu bezeugen, obschon er regelmäßig wählen ging.


    Manche spekulierten ja, ob er wohl den Bürgerlichen nahestünde, weil sein Äußers immer etwas konservativ und gutbürgerlich erschien oder man ihn doch eher bei den Sozialdemokraten verorten müsse, weil er die Frage, ob er zu den Bürgerlichen halte nie positiv beantwortet hatte, ohne daß er sich freilich deshalb je zu den Sozialdemokraten oder irgendeiner anderen Partei bekannt hätte, wodurch vereinzelt auch spekuliert wurde, er sei ein verkappter Sympathisant einer der radikaleren Kräfte. Aber es widersprach wohl seinem Berufsethos als Mitarbeiter des städtischen Rundfunks parteiisch zu agieren und er hatte sich auch später nie bekannt, wohl schon deshalb nicht, um keinen Spekulationen Vorschub zu leisten, er habe aus diesen oder jenen Gründen dieses und nicht jenes gesagt usw.

    Um zu verhindern, daß die Konferenz in einem der drei Teilgebiete der Stadt stattfinden mußte, war ein Kreuzfahrtschiff für die Konferenz angemietet worden (es mag ja kurz vor der Ausmusterung stehen, falls jemand das zu teuer vorkommt ;) ), das in Küstennähe lag und aus allen Teilen der Stadt auf dem Wasserweg unbehelligt zu erreichen war und dessen in einer neutralen Demokratie beheimater Eigentümer auch hinreichende Gewähr für die Sicherheit aller Teilnehmer bot.


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    brookenovak, CC BY 2.0 <Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen.>, via Wikimedia Commons


    Zu diesem Zweck war der Speisessaal mit einem Podium in der Mitte (das die Abbildung natürlich nicht zeigt) entsprechend hergerichtet worden und natürlich gegenüber dem Normalfall mit zusätzlicher Bestuhlung versehen worden, damit Interessierten ausreichend Plätze zur Verfügung standen, nichtsdestoweniger standen aber auch gute und teure Plätze mit Bewirtung an Tischen zur Verfügung, die mithelfen sollten, die Miete wieder hereinzuholen. Daß das Publikum sozial gemischt war, war natürlich sichergestellt worden. Auf die Gäste wartet bereits eine Rudne von Journalisten.


    Die Veranstaltung moderieren wird dabei der 84jährige Wilko Wolters, ein Urgestein des Wiedemündeschens Rundfunkjournalismus, der seit langem im Ruhestand immer für seine faire und neutrale journalistische Arbeit über die Lagergrenzen hohes Ansehen genoß.

    Nach einiger Zeit liegen Anmeldungen der Bürgerlichen Partei, der Grün-Alternativen, der Hanseatischen Sammlung und der Kommunisten vor, als Teilnehmer sind ie jeweiligen Bürgermeisterkandidaten benannt, Erklärungen der übrigen Parteien stehen noch aus.

    In einer gemeinsamen Aktion hat die Presse der Stadt zu einer Podiumsdiskussion in der Stadthalle mit Publikum geladen, die auch im Rundfunk übertragen und im Internet gestreamt werden soll. Eingeladen sind alle Bürgermeisterkandidaten sowie jeweils ein Vertreter für die an der Wahl teilnehmenden Parteien, um Voranmeldung wird gebeten.

    wurde sowohl im Südsektor wie ach im Nordsektor mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Richtung exotischer Leebnsmittel und Unterhaltungselektronik deutlich ausgeweitet, aber es gibt nun besipielsweise auch wieder Super-Duper-Systemrasierer mit 6 Klingen, nach wie vor stammt zwar der größte Teil des Warenangebots aus Wiedemünde selbst oder aus Korland und Masowien, aber die High-Tech-Lücken sind weitgehend geschlossen, dafür haben die beiden angrenzenden Regimes noch einmal ordentlich Devisen in die Hände genommen, um ihre Statthalter ordentlich zu pushen.

    Die von den Kommunisten wie auch Marquardt gleichgeschaltete Presse malt unentwegt in den schwärzesten Farben an die Wand, was der Bevölkerung und der Stadt droht, wenn jetzt "falsch" gewählt wird. Die Kommunisten reden in einem Zug von Rückehr von Inflation Arbeitslosigkeit, Ausbeutung durch die Kapitalisten und sogar Obdachlosigkeit, Drogenkriminalität, Rassismus, die Marquardt-Regierung hat es freilich weniger von Ausbeutung durch Kapitalisten weist aber auch auf drohende Inflation, Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit sowie Rauschgift hin, dazu auf die Rückkehr der ausgewiesenen Ausländer und den Untergang der Stadt durch Überfremdung und kulturelle Degeneration. Beide warnen, daß die Stadt komplett in die Hände der jeweils anderen Seite und damit an Korland bzw. Masowien fallen könnte und die Bevölkerung bei den anstehenden Wahlen jetzt unbedingt "richtig" wählen müßte.

    Es wird ein Wahlaufruf bekannt gemacht, der sich auf die ganze Stadt bezieht und sowohl von den Regierungen der drei Sektoren als auch den beiden Garnisonskommandanten bzw. deren Stellvertretern unterzeichnet ist. In diesem Wahlaufreuf wird zum einen aufgefordert, Listen für die Bürgerschaft einzureichen, zum anderen für die Wahl zum ersten Bürgermeister und es werden Musterformulare beigefügt.


    Wahlvorschlag zur Bürgerschaft


    Name der Liste:

    Name und Beruf des Ersplacierten:

    Zahl der Kandidaten(1):

    Namen und Beruf(e) weiterer Kandidaten in der Reihenfolge Ihres Listenplatzes (2):


    Der Einreicher der Liste versichert im Falle des Einreichens für eine Partei an Eides statt nach den Statuten seiner Partei dazu befugt zu sein, diese Liste einzureichen und alle Kandidaten gemäß Art. 17 IV der Verfassung wählbar sind und mit ihrer Aufstellung einverstanden sind. Die Einreicher von sonstigen Listen, daß das Einverständnis aller Kandidaten vorliegt.


    (1) Die Bürgerschaft umfaßt 79 Sitze. Erhält eine Liste mehr Sitze als sie Kandidaten aufgestellt hat, verfallen die übrigen Mandate.

    (2) Kann ohne Auswirkungen komplett weggelassen oder unvollständig ausgefüllt werden.



    Kandidatur für das Bürgermeisteramt


    Name des Kandidaten:

    Alter des Kandidaten:

    Beruf des Kandidaten:

    Unterstützung durch Parteien:


    Der Kandidat versichert, daß seine Angaben wahrheitsgemäß sind und er nach den Maßgaben von Art. 30 II der Verfassung (Vollendung des 30. Lebensjahres) wählbar ist und Bürger der Stadt.




    Mit den steigenden Temperaturen wächst auch der Unmut der wiedemündeschen Bevölkerung; es kommt zu Demonstrationen und teils gewaltsamen Erhebungen gegen die Marionettenregierungen die Korland und Masowien faktisch mehr oder weniger eingesetzt haben und die sogar in Selbstverbrennungen gipfeln. Bürgersinn und hanseatischer Wagemut lösen die Verzagtheit und das Duckmäusertum der letzten Monate ab. Die Absperrungen entlang der Sektorengrenzen und zur Altstadt werden mehrmals durch Bürger der Stadt durchbrochen, auch durch Verhaftungen und Inhaftierungen ist dem Widerstand, der sich aktiv wie passiv ausdrückt, nicht beizukommen.


    Nicht zuletzt um ihren Ruf besorgt und Konsequenzen durch Dritte fürchtend, stellt sich sich daraufhin in Korland wie Masowien zunehmend Frage, ob man die Stadt, deren Versorgung und Wiederaufbau große Summen verschlingt, dauerhaft gegegen den erkennbaren Willen der Bevölkerung besetzen und diesen gewaltsam unterdrücken soll. Es kommt zu geheimen Gesprächen zwischen Masowien-Baltonien und Korland, auch zu Verhandlungen mit den wirtschaftlichen Eliten der Stadt.


    Schließlich und endlich vereinbaren alle Seiten miteinander, daß die Beteiligten an den Aufständen auf welcher Seite sie auch immer gestanden haben nicht bestraft werden dürfen und es auch keine Parteiverbote deshalb geben darf; dies wird als Zusatzbestimmung zur Verfassung so festgelegt. Gleichzeitig erklären sich reiche Kaufleute, Bankiers usw. mit patriotischen Gefühlen beseelt bereit, Korland und Masowien diskret "Ersatz" zu leisten, der auch eine Ablösesumme enthält.


    Gleichzeitig erklären sich beide Seiten bereit, die neue Stadtregierung anzuerkennen und ihnen die Benutzung ihrer Häfen und Flughäfen bis zu einem vollständigen Wiederaufbau zu gestatten. Beide Seiten stehen für den Fortbestand der Stadt ein, dafür darf Wiedemünde keine dritten Mächte ins Land lassen oder militärische Allianzen mit diesen schließen. Die Stromversorgung der Stadt soll bis auf weiteres hälftig geteilt bleiben, so lange das gewünscht wird, die Versorgung der Altstadt soll unverzüglich durch Schiffskraftwerke sichergestellt werden. Man vereinbart weiter, daß von Wiedemünde aus künftig keine kritische Berichterstattung über die Grenzen hinaus erfolgen soll, was faktisch dadurch gewährleistet werden soll, daß man von Wiedemünde aus auf die Verbreitung von unverschlüsselten Fernseh- und Rundfunkprogrammen auf terrestrischem Wege und über Satellit verzichtet - jedenfalls so weit es sensible Inhalte angeht.


    Während vorerst noch in jedem Sektor die Kräfte kommissarisch an der Macht bleiben, die es bisher waren, also in Südwiedemünde die Regierung unter Marquardt, auf der Altstadtinsel das Bürgerkomitee und im Norden die Kommunistenregierung unter Störtebecker, sollen alsbald Wahlen stattfinden, ein gemeinsamer Wahlleiter ist beauftragt. Die Grenzen zwischen den Stadtteilen sind wieder ungehindert passierbar.

    Nein, nicht daß mir davon etwas bekannt wäre, vielleicht eien Verzögerung auf dem Postweg, aber dann sollte ja dem Notwendigen nichts im Wege stehen.


    Aber sehr schön. Dann halten Sie sich schon mal für die Abreise bereit.

    Ein Mitarbeiter bringt ein Telephon herein.


    Ich ersuche Sie mit Ihrem Heimatland zu sprechen, Severanien antwortet nicht und wir können nicht ohne daß uns das gestattet wird, einfach einen Ihrer Flughäfen anfliegen. Dann bliebe nur der Wasserweg. Sie in einen Drittstaat zu verbringen ist ebenfalls nicht ohne weiteres möglich.

    Ein Staatsrat wird am nächsten Morgen in die Zelle gebracht.


    Guten Tag! Die Regierung hat entschieden, Sie auszuweisen. Jetzt haben wir allerdings ein praktisches Problem, der Flughafen ist im Nordteil der Stadt und eine Ausreise über das Separatistengebiet kommt nicht in Frage. Entweder reisen sie über korisches Territorium über den Flughafen Kaisersburg aus, oder wir müssen Sie mit einem Schiff oder einem Heißluftballon vorlieb nehmen.


    letzteres war natürlich nicht so ganz ernst gemeint

    Einer der Bewacher auf Platt


    Nu Baustelln, Umledden, dor kunnst nix moken...


    Doch dann hält der Wagen an, man hört wie ein Tor aufgeklappt wird und der Kleintransporter fährt in einen Hof, dann wird das Tor wieder geschlossen, die Türen des Kleintransporters werden geöffnet, Dubel-Hacac zum Aussteigen aufgefordert, aber auf dem Hof brennt kein Licht, nur der Mond erhellt ihn spärlich, so daß wenig zu erkennen ist, dann wird Dubel-Hacac in einen Hauseingang gebracht, durch einen spärlich beleuchteten Flur und findet sich in einen möblierten Raum ohne Fenster wieder.


    Da wären wir, morgen werden Sie weiter vernommen. Wir bedauern das, aber Ihr Land hat so etwas wie eine Kommandoaktion durchklingen lassen und wir sind ja auch nicht auf den Kopf gefallen. Aber vielleicht passiert noch heute abend etwas...

    Im Anschluß wird Dubel-Hacac von den wiedemündeschen Beamten in einen fensterlosen Gefangenentransporter verfrachet und längere Zeit im Stadtgebiet spazieren gefahren, Wiedemünde - allerdings die gesamte Stadt nicht nur der nämliche Sektor - weist etwa 700 Kilometer Straßen auf. Daß eine Fahrt im kleinen Wiedemünde auf direkter Linie nicht so lange dauern kann, dürfte leicht zu durchschauen sein, Dubel-Hacac soll aber nicht wissen, wo er untergebracht ist, um einer einfachen Möglichkeit der Befreiung vorzubeuegn, deswegen fährt der Fahrer mal in diese mal in jene Richtung, mal durch die Dörfer am Stadtrand, dann wieder durch die Innenstadt.