Beiträge von Bohuslava Blaháková

    zu Schneider


    Mich interessierte das, wie das Leben in so einem Kolonistendorf aussieht, das von einer konfessionell und landsmannschaftlich anderen Bevölkerung besiedelt ist.


    Leicht irritiert


    Do anne hucke? Ach so, Sie meinen ich soll mich zu Ihnen setzen! Gerne!


    nahm Platz


    zur Bedienung


    Ich weiß zwar jetzt wirklich nicht was das ist, etwas mit Leber wohl, aber dann bringen Sie mir doch das... Was Inereien angeht bin ich nicht Etepetete. War ja mal eine Delikatesse, bevor man wußte, daß es nicht besonders gesund ist, aber mit Gesundheitsbewußtsein, ist es bei mir ohnehin nicht weit her.


    lachte und griff nach einer Zigarette

    Am späten Abend erreichte Bohuslava Blahakova die Kolonistensiedlung Viereichen und die nämliche Gastwirtschaft. Eigentlich hätte sie am Mittag da sein wollen, aber einsetzender Schneefall auf halber Strecke machte die Fahrt zu einer schier endlosen Odyssee über zugeschneite schlecht ausgebaute Landstraßen, denen atavistisch wie die Verhältnisse in Korland waren meist die Begrenzungspfähle fehlten, so daß der Straßenverlauf teils zu einem Rätselraten wurde, und wo sie vorhanden waren, waren sie mitunter aus Stein oder Beton, was auch nicht gerade zum Schnellfahren einlud.

    Das gibt es wohl mit Blick auf die zerstörten Kraftwerke nicht mehr.


    Vermutlich würde es Korland schon reichen, daß Sie deren Hilfe annehmen, statt die der Kommunisten. Wie gesagt, ich bin hier als reine Vermittlerin.

    Nun ja, die Besatzungstruppen - wenn man so will - sind ja auf Ruf des Bürgermeisters bzw. der Separatisten da und wenn der eine geht, wird wohl der andere den Rest der Stadt einnehmen.


    Die Frage scheint doch, wie man unabhängig von dieser Frage die humanitäre Situation der Altstadtbevölkerung verbessern kann.


    machte sich eine Zigarette an


    Der jetzige Zustand ist sicher alles andere als schön, aber irgendwie muß man ja Strom- und Wasserversorgung in der Altstadt wieder in Betrieb nehmen und den Alltag zurückbringen und dafür sorgen, daß die Krankenhäuser und so beliefert werden? Oder meinen Sie nicht? Wollen Sie zum Beispiel an das korisch-wiedemündesche Verbundnetz angeschlossen werden, oder tendieren Sie eher zur anderen Seite?


    Ich weiß nicht, aber ich könnte mir vorstellen, daß Korland seine Soldaten abziehen würde, wenn Masowien sie auch abzieht. Ist aber nur so ein Gefühl, um ehrlich zu sein, ich habe mit Kanzler Schündler nicht darüber gesprochen, weil es sich im Moment ja nicht abzeichnet.

    Erreicht im Spezialauftrag Schündlers die Altstadt - als nach wie vor nordharnarische Staatsbürgerin, die lediglich in Korland einen Lehrauftrag wahrnimmt und Beratungstätigkeiten durchführt - ist sie ja völlig neutral.


    Guten Tag, ich bin als unabhängige Vermittlerin vom korischen Kanzler gebeten worden, die Altstadtregierung aufzusuchen. Würde man mit mir reden wollen? Ich bin jedenfalls nicht Pro-Korland, das wäre auch etwas zu viel verlangt von mir, ich möchte allerdings in Erfahrung bringen, was Sie für die Zukunft anstreben, gerade, was Arbeitsmöglichkeiten und Versorgung angeht.

    Danke für das Kompliment.


    fischte eine Zigarette aus dem Etui, lies sich mit dem Anstecken jedoch Zeit


    Also in der Frage wäre ich vorsichtiger, unterschätzen Sie mal uns Frauen nicht, was da nicht so alles an Schandtaten möglich ist, aber ich persönlich könnte sicher keine Ernten vergiften oder auch nur drüber nachdenken. Ja, ... Warum ich nach Korland gekommen bin? Hatte ich Ihnen das nicht schon gesagt, daß ich eigentlich zu Forschungszwecken gekommen bin, mich interessierte es, wie es so geht. Und Ihre Regierung hatte nichts dagegen, die Nordhanars auch nicht. Ja und dann brach Nordhanr zusammen und man fragte mich, ob ich beratend tätig werden will und ich habe ja auch den ein oder anderen Kontakt... Dann kam noch ein Lehrauftrag an der Albertina dazu... Ja, so war das.


    Ihre ist von weiter weg, aber das wäre ja das Ausland!?


    das Erstaunen stand ihr ins Gesicht geschrieben


    zuckte mit den Schultern


    Direktor Menke gehört eine Maschinenbaufabrik, auch Druckmaschinenbau. Ich kann Ihnen auch nicht sagen, was er wollte, aber ich habe mich in der tat drüber geärgert, daß er bei den paar Metern einen Boten schickt.


    Das war aber wohl schon ein Fortschritt, manche munkeln, daß er zuweilen einfach Frauen Sektgläser abladen läßt, vielleicht, um sie dann anzuquatschen, wenn sie leicht beschickert sind. Wobei ich relativ trinkfest bin. Aber manche bekommen ja leicht einen Schwips...

    Ei do kommt mer sich halt so klää vor... Do ware se jo noch heecher(höher)! Awwer net bei uns, gelle? Orrer...Ich menn ehr Inschdiduht...


    nahm einen Zug von seiner Cigarre


    Ekonomie? Lòndwertschaftt orrer Nationalekonomie/Betriebsekonomie, also des Kaufmännische, orrer wie des hääßt?

    Müssen Sie nicht, es kann ja nicht jeder nur Institute leiten, irgendjemand muß ja auch noch das tun, was wir wirklich brauchen.


    lachte


    Nein, nicht hier, ich war Leiterin des Institus für gesamtnordhanarische Studien.


    Volkswirtin bin ich, also Nationalökonomin, aber auch Juristin.


    Zitat

    Ja, mit de Ääre, ja wissen Se, ich sinn jo keh richdicher Bauer meh, ich hònn es Mähnschde vepacht, e bissel werd noch newich her (nebenher) gemach', was soll ich des deier kaafe, wónn ich's aa ausem eijene Gaade... Awwer de Borrem (Boden) isch bei uns am Ord net so arich (so gut). Weil mer sinn jo erscht spoorer (später) kòmm

    Ach so, Nebenerwerbslandwirt sind sie als.Ja klar ich verstehe, vermutlich durch Rodung eines Waldes oder Trockenlegung eines Sumpfes...



    Zitat

    Awwer ich sinn jo in de Kofferfawwerik, seeerscht warich ääfacher Awweider, dann Vorawweider un am Enn Mähnschder. Mir mache a net numme Koffere, a Lerrergärdel un so ebbes. Die Koffere, do hòmmer a verschierene die billiche aus Preßpappedeckel, do werd so e Muschter ningeprächt und des dònn impregniert usw., welle aus Stoff un dònn die gure aus Lerrer.

    Neue Koffer könnte ich vielleicht auch mal wieder brauchen, meine sind vom vielen Reisen etwas abgewetzt...


    Zitat

    Des war awwer aa e Rotz, wo's uns so dreckich gòng isch in dere Kries. Glaawen Se jemmònd kaaft Koffere inra Kries!? Denk net drò! Awwer des isch jò zum Glick vebei, war im Prinzip schun vebei, wie die Grenze offe ware, wie se dónn werrer zu ware hòmmer schun gedenkt, jetz isch werrer aus, weil kenner verääse duht, awwer jetz isch werrer gud, meer exbordeere a deck (viel) vun denne Koffeere.

    Das kann ich mir wohl denken, Koffer, Kleider Schuhe usw. sind Luxusgüter, deren Neukauf man gerne aufschiebt, wenn es an Geld fehlt.


    Zitat

    Awwer die Ääre die isch aa in Ordning. Kennt nadeerlich besser sinn.... Awwer kee Vergleich zu denne beese Johre!

    Das freut mich für Sie. Manchmal bin ich auch fast geneigt zu glauben, Nordhanar hatte etwas mit diesen Mißernten zu tun. Aber... Nee, sonst red'ich mic hier um Kpf und Kragen. Ich kann nur sagen, daß ich persönlich von irgendwelchen Machenschaften nichts gewußt habe.



    Zitat

    als er "Protestantin" hörte formte sich das Gesicht zu einem Lächeln


    Des isch gut, weil wònn ich do drò denk, wie die Kaddeligge im 30jährische Kriech (halt ein MN-Pendant) gewiet hònn, do ware am Enn uhngeloh an manche Ordde 90 Prozent vun de Evangelische dod! Gud, do in Korlònd war des wohl net so dramadisch, awwer an annere Orde...

    Die tragischen Ereignisse im Nachgang der Reformation sind mir gut bekannt, auch die Verheerungen... Korland hatte es da in der Tat relativ gut.


    Zitat

    Jo, geheirad werd jerenfalls net unnernònner (Evangelische und Katholische sind gemeint). Wónn mer frisches Blut im Dorf wille, hole mers vun außerhalb... Also vun weirer außerhalb...

    Aus dem ehemaligen Herzogtum vermutlich!?


    Zitat

    Awwer wer sinn Se dònn jetz, ich menn grad Sie wäre do die Minischderin vun Nordhanar... Awwer des gebbds doch net. For Aprilscherze isch doch schunn se schbod! Orrer isch des verschdeckelte Kòmera, orrer so? Do hònn se doch im Auslònd so Sendinge, hònn ich in de Zeiring geles'...

    Ja, die bin ich aber ich wurde ja erst nach dem Anschluß ernannt, weil ich Expertin auf diesem Gebiet war, mit dem Anschluß selbst hatte ich nicht das Geringste zu tun.

    Da erschrecken die Männer immer, wenn sie das hören... Aber ich bin keine Professoren, ich bin nur Privatdozentin, was eigentlich einböser Abstieg ist, denn ich war mal Institutsleiterin...


    Naja, ich bin ökonomisch und juristisch ausgebildet also ganz handfeste Themen...


    lachte


    Wie läuft es denn mit der Ernte?


    nickte


    Also wenn ich ein Laster habe, dann das...


    lachte


    Nickte, wenigstens i dieser Hinsicht kann ich Sie beruhigen, ich bin Protestantin.


    Und Sie haben wahrscheinlich nicht viel miteinander zu tun, also mit den Katholiken!?


    Und dabei kleide ich mich extra ortsüblich...


    lachte

    Was ist schon etwas Höheres? Aber ich will es nicht verleugnen, daß ich als Privatdozentin an der Albertina tätig bin...


    nahm einen weiteren Zug


    Aber lassen sie sich davon nicht abschrecken, sie können mit mir auch ganz normal reden und über normale Themen, kann natürlich sein, daß ich sie mit was zulabere, womit sie nichts anfangen können. Sagen sie es dann einfach...


    Lachte in ein leichtes Hüsteln übergehend


    Ist Viereichen (?) dann eines der späten Kolonistendörfer im katholischen oft masowischsprachigen Umland?


    Es geht so... Ja, das ist richtig, ich stamme ursprünglich aus Nordhanar, aber meine Heimat ist leider aus der Ausgestaltung gestrichen worden, als ich von zuhause aufbrach gab es sie noch, jetzt bin ich zwar immer noch da, aber meine Heimat ist als hätte man sie mit der Neutronenbombe ausgelöscht und mit Zauberhand mit anderen Menschen besiedelt. Kann aber auch sein, daß ich mir das bloß einbilde und ich einfach Bajarerin bin aber aus irgendwelchen Gründen einen tschechischen Namen habe, denn heute ist da, wo meine Heimat war Bajar.



    Bemerkt, wie der Mann, der sich Menke schreibt, was Schneider Kurt aber freilich nicht weiß, sich an einen leeren Tisch setzt.


    Zu seiner Tischnachbarin:


    Sinn ich jetz letz und do war doch noch e gònzer Disch frei, orrer is do grad jemmònd ufgestònn. Weil der Mònn do, war doch ewe noch net do!?

    Ich glaube, da sind Leute just in dem Moment gegangen als sie mich fragten, ob hier denn Platz sei.

    nickte einladend


    Gerne doch, setzen Sie sich, mir ist sowieso irgendwie nach Gespräch.


    nahm einen Zug von ihrer Zigarette und blies den Rauch scharf durch die Lippen


    Ich weiß irgendwie sprachlich nicht so richtig, wo ich sie hintun soll, helfen Sie mir auf die Sprünge!? Wenn das nicht ziemlich unwahrscheinlich wäre, würde ich ja fast Stauffen sagen.

    Bohuslava Blahakova war der Einladung nicht gefolgt und hatte unter einem Vorwand abgesagt. Freilich arbeitete sie nun als Beraterin für die korische Regierung und als Privatdozentin an der Albertina - das hatte sich auf Grund ihrer Forschungsreise nach dem Zusammenbruch Nordhanars irgendwie ergeben - , aber da sie durchaus nicht vorhatte, ihr restliches Leben in Korland zu verbingen, legte sie es keineswegs darauf an, am Ende etwa im lockeren Gespräch mit VF-Granden an einem Tisch photographiert oder gar gefilmt und interviewt zu werden.

    Die Blahakova beginnt Aufmerksamkeit zu erregen und die Blicke auf sich zu ziehen, denn die Leute wissen ja prinzipiell - soweit man sie erkennt -sehr genau,wer das ist, "diese Besatzungskommissarin da aus Nordhanar".

    Daß man sie erkannte, das fiel ihr wohl auf, da ihr das auch nicht nur gefiel, erwägte sie ernsthaft, sich der korischen Modevon wegen Frisur und Kostümschnitt etwas stärker anzupassen - oder besser gesagt einfach so herumzulaufen wie die Frauen hier, wenn man es beim Namen nennen wollte.

    Wie sich vielleicht manche von Ihnen noch erinnern werden, trug sich die Blahakova mit dem Gedanken einer Forschungsreise nach Korland. Die wurde ihr denn ja auch genehmigt. "Die Blahakova?", werden Sie jetzt vielleicht fragen, war das nicht diese kettenrauchende Sonderministerin für Korland, die zusammen Hammer und Schündler den Nichtangriffspakt ausgeknobelt und in trockene Tücher gebracht hat und die monatelang in der Gesandtschaft ausgeharrt hatte..? Ja, Sie erinnern sich recht.


    Zuletzt war sie ja nicht mehr im Kabinett und.. Was war sie gleich noch mal im Zivilleben? Richtig, Sie war Leiterin des Institusts für gesamtnordhanarische Studien. Als Nordhanar zerfallen ist, muß auch dieses Institut verschwunden sein, geradezu vom Erboden verschwunden. Besser kann ich es Ihnen an dieser Stelle jetzt nicht erklären... Fragen Sie auch leiber nicht nach der Stadt Bronn oder Valbronn, Großhohenlau und Mikulov, man wird ihnen darauf keine Antwort geben können.


    Vielleicht erinnern Sie sich auch noch daran, sie wollte doch eine Forschungsreise nach Korland unternehmen, gerade so als könnte sie nach Monaten des Ausharrens in der Botschaft nicht anders... Aber dann brach Nordhanar auseinander und zusammen. Fragen Sie mich nicht wie es kam, aber inzwischen ist sie bei der korischen Regierung beschäftigt als Beraterin und an der Albertina, da ist sie auch... Aber warten Sie, das kann Sie ja selbst erzählen, wenn Sie möchte.


    Blickte zur Regie und als die das Startzeichen gab, biß Sie in das Stück Bazener Kirschtorte, die man andernorts als Schwarzwälder Kirschtorte kennt, daneben stand eine Tasse Kaffee und eine - ovale - Zigarette glimmte im Aschenbecher.

    Nun schön... Wollen Sie bzw. die Regierung, daß ich hier die Stellung halte, Herr Minister Hammer oder daß ich mitkomme? Vielleicht ist das gar nicht so schlecht, dann werden unsere Forderungen auch nicht zu lasch! Anderseits muß ja jemand die Gesandtschaft leiten...


    Und Herr Schündler, spätestens, wenn ich nicht mehr Ministerin bin, werde ich die Gelegenheit nutzen, Ihnen mal zu sagen, was Sie sind! Gäbe es nicht diplomatische Usancen...


    Ich bin der Meinung, daß Verwandtschaften ersten Grades zu eng sind, das sind ja nur Eltern und Kinder, schon Geschwister sind zweiten Grades. Außerdem geht dieser Vorschlag mit keinem Wort auf gleichgeschlechtliche Beziehungen ein.


    Das mit den Hinderungsgründen für Ein- und Ausreisen ist auch eher Wischiwaschi, da bräuchte es eine gemeinsame Kommission, die das überprüft.


    Was ich weiters erforderlich halte, ist, daß Korland keine Offensivbündnisse gegen Nordhanar schließen darf, daß Nordhanarer ohne Voraussetzungen zum Besuch vereinfacht einreisen können, daß Nordhanar zollrechtlich privilegiert wird, daß der Kaiser von Nordhanar anerkennt wird und daß der Herzog von korland das Land betreten und verlassen kann.


    Letzteres, ebenso wie die Anerkennung des Kaisers interessierte sie eigentlich nicht, das hatte sie rein aus taktischen Gründen der Machtdemonstration gesagt. Außerdem hatte es Schündler bei ihr verspielt.