In einem Café in der Altstadt

  • Bromira Krolikowska saß schmökernd bei Orientzigaretten, Kaffee, Kuchen und Rotwein, in einem urigen Altstadtcafé, das dank seiner Atmosphäre durchaus gerne auch von Studenten, Künstlern und Intellektuellen aufgesucht wurde; später wollte sie ihre Tochter Nikoleta von der Schule abholen und mit ihr ein wenig durch sie Stadt bummeln. Ob sich zuvor noch ein anregendes Gespräch darüber fand, ob die Existenz der Essenz vorausgehe oder umgekehrt, wer wußte es...

  • Zum Nächstbesten, der in Hörweite war.


    Die Kernthese der Existenzphilosophie - ich lese gerade mal wieder Sartre - daß der Mensch halt da ist, aber mit einem freien Willen ausgestattet sei, sich selbst plane und mehr oder weniger aus sich machen könne, was er wolle, wenn er nur wolle, und nicht etwa seinen Anlagen folge, ist schon faszinierend.


    Ob das aber nicht zu kurz greift..? Ich weiß es - um ehrlich zu sein - nicht... Aber es wäre doch schön, nicht lediglich Produkt irgendwelcher gesellschaftlicher Verhältnisse zu sein...


    setzte nach


    Aber ich glaube ich kann für mich durchaus sagen, daß ich meine eigenen Entscheidungen treffe und nicht einfach nur der Herde hinterherrenne und ich lasse z.B. auch meiner Tochter die Freiräume eigene Entscheidungen zu treffen...


    Ob dieser Jemand nun beim Thema ihrer Rede blieb oder über etwas ganz anderes weiter sprach, war ihr eigentlich völlig wurst, aber sie brauchte einen Aufhänger.

  • Sog an ihrer Zigarette und blies den Rauch anschließend durch die Nase.


    Ich habe es einfach mal so probiert mit dem Sprechen, ob mir einer antwortet...


    Was ist denn Ihrs, wenn nicht die Philosophie? Wobei, Sie haben es ja auch mit der Philosophie, sonst hätten Sie ja keine Meinung zur Kindererziehung... Irgendwie ist doch alles Philosophie... Schon ob man lieber Tee trinkt oder Kaffee...


    Wobei, ich trink' beides ganz gern...


    Lachte.

  • Na, für mich ist Philosophie eher dieses "Was ist der Sinn des Lebens" und so ein Kram, das ist nicht meins, ich bin Soldat, da liegen die Interessen anders

    Lacht

    Kaffe, immer Kaffe!

  • Nun ja, aber das werden Sie sich doch vielleicht auch schon mal gefragt haben, wo der Sinn des Lebens ist und Sie müssen ja prinzipiell eine Antwort gefunden haben. Sie leben ja noch, oder existieren sie einfach nur so vor sich hin!?


    nahm einen Schluck Kaffee


    Aber das war dumm von mir, existieren tun ja viele, hören einfach nicht mit dem Atmen auf... Auch ich könnt' am Ende auch nicht sagen, ob mein Leben wirklich einen Sinn hat oder ob ich einfach irgendwie vor mich hinlebe...


    entnahm die Zigarette dem Aschenbecher, rauchte aber dann doch nicht


    Denkt man in ihrem Beruf nicht öfter mal über Leben und Tod nach? Gerade als Soldat müssen Sie doch immer damit rechnen, daß Sie mal -Verzeihung - eine Ladung Munition zerfetzt und von ihnen nur noch.... Entweder Sie vertrauen drauf nie kämpfen zu müssen, oder Sie sehnen sich gerade danach, nach so einer Bewährungsprobe... Denk' ich mir jedenfalls...


    Aber ich find' Sie irgendwie interessant, denn in meiner Beschränktheit hätt' ich mir einen Soldaten eher nicht als Verfechter von "den Kindern Freiheit lassen" vogestellt. Bei mir in der Klasse damals da war ein Soldatenjunge, der wurde regelmäßig grün und blau geschlagen, wenn er nicht gehorsam war...


    nahm nun schließlich doch den Zug


    Aber ich langweile Sie sicher mit solchen Gesprächen!?

  • Tatsächlich Nein, das war nie so meins.


    Solche Überlegungen hat man natürlich, aber sagen wir es mit einem guten Sprichwort: "Der Soldat will den Krieg am allerwenigsten, da er um die Grausamkeiten weiß". Im Falle eines Kriege stünde ich aber wohl eher weniger an der Front, zumindest mittlerweile


    Es gibt solche und solche, meine Tochter hat auch ihre Freiheiten gehabt, geht anders auch kaum

  • Religiöse Menschen fragen sich so was oft nicht, weil denen sagt ja die Kirche, warum sie auf der Welt sind... Insofern ist die eine Stunde Sonntags vielleicht doch ganz gut investiert, wenn es einem gelingt das alles vorbehaltslos zu glauben...


    Signalisierte Aufmerksamkeit, dann fragte sie.


    Ich habe verstanden... Richtig kämpfen wollen Sie jedenfalls jetzt nicht oder nicht mehr mehr und müssen es auch nicht... Obwohl, man weiß ja nie.. Ist aber sicher auch intelligenter bei der Mortalität in Kriegen... Aber was hat Sie denn ursprünglich ins Militär getrieben, wenn man fragen darf, oder anders gefragt, warum sind Sie immer noch dort? Sagen Sie jetzt nicht die frühe Pensionierung, um dann wieder frei zu sein!?


    Lachte und nahm den nächsten Zug


    Wissen Sie, ich fühle und komme mir manchmal mehr wie die Freundin meiner Tochter vor als ihre Mutter. Wir haben eigentlich keine Koflikte, weil ich nicht versuche sie zu mehr zu zwingen als unvermeidlich ist.


    Prinzipiell laß ich sie machen, was sie will, so lange es nicht entgleitet und biete ihr Anregungen und Vorschläge. Kinder orientieren irgendwie ganz allein an Älteren und den Erwachsenen, wenn man sie nicht mit Gewalt dazu zwingen will... Finde ich jedenfalls... Naja, manchmal muß man doch etwas eingreifen... Das scheint mir aber schwer auseinanderzudröseln.. Ich mag das einfach nicht, autoritär zu sein...


    Als Militär müssen Sie mir eigentlich jetzt sagen, daß das alles falsch ist und zu Disziplinlosigkeit führt... Das Lob der Disziplin, das ist es doch, was den Militärs Eigen ist. Kommandieren, exerzieren, Anschreien, "Augen gerade aus" oder fallen Sie da ganz aus der Reihe? Also dann könnte es wirklich nur die Sache mit der Pensionierung sein.


    Lachte

  • Ich bin der militärische Adjutant der Königin, wenn ich militärisch kämpfen muss, ist vorher einiges schiefgelaufen

    lacht kurz

    Meine Kinder hatten ihre Freiheiten, aber natürlich auch Disziplin, anders funktioniert es ja auch nicht, ich kann mit diesem "ich lass die Kinder zu 100% tun was sie wollen" nicht viel anfangen

  • Naja, dann sind Sie ja wirklich ein hohes Tier...


    Lachte, Bromira Krolikowska gab nicht viel auf Titel und Würden.


    Naja, zu 100% handhabe ich es ja auch nicht so, Zähneputzen und zur Schule gehen und Hausaufgaben und so, halt die Basics, da habe ich schon drauf geachtet.


    Und ansonsten habe ich oft Anregungen gegeben, die auch meist angenommen wurden.


    Aber wissen Sie, ich finde, es gibt subtilere Methoden einem Kid zu zeigen, daß es sich "falsch" verhält als es zu zwingen. Zum Beispiel einfach mal ruhig fragen, ob sie das jetzt gut fände, wenn ich gemein zu ihr wäre, wenn sie sich eklig zu mir verhalten hat als kleines Kind. Und wenn es für sie keine festen Regeln gibt, dann kann es ja auch für mich nicht keine geben, beispielsweise etwas für sie zu tun an dem sie Freude hat. Etwa Spielsachen kaufen oder ihr Lielingsgericht zu kochen.


    Machte sich die nächste Zigarette an.


    Daß das Leben ein Geben und Nehmen ist, das habe ich ihr natürlich beigebracht.

  • Wissen Sie, was ich immer vermeiden wollte? Daß sich meine Tochter mir aus Angst nicht anvertrauen mag. Seine kleinen Geheimnisse will fast jeder behalten, so ist das sicher auch bei Nikoleta... Aber ich wollte dieses Verheimlichen aus Angst vor Bestrafung nie haben... Ich meine, wenn Kinder de Unterschrift auf ihren Hausaufgaben fälschen, statt offen zu sagen, daß sie den Test verhauen haben. Dann fühlte ich mich als pädagogische Versagerin. Weil, der Druck wird ja in der Regel erzeugt, damit Leistung gebracht wird, aber da kann man auch auf ganzer Linie versagen, wenn man glaubt jemanden mit Angst zum Lernen zu bringen oder gehorsam zu sein.

  • Nun ja, wissen Sie, die Sache ist doch die, wenn Sie eine feste Regel aufstellen, dann müssen Sie die auch durchsetzen. Und wenn ich von meinem Kond jetzt verlange, daß es bestimmte Standards erfüllt, zum Beispiel nie schlechter als eine [polnische] 4 in der Schule, dann setzt es das Kind unter Druck, wenn es das nicht schafft.


    Und ich sag' ja auch nicht, daß es ganz ohne Regeln geht. Aber man kann das auch lockerer sehen. Ich habe vieles einfach daurch erreicht, daß ich darum gebeten habe oder erklärt habe, wo die "Gefahren" liegen. Meine Tochter ist in der Schule noch nicht sitzen geblieben oder hätte viele Fehltage usw.

  • Stand plötzlich im Café am Tisch der Mutter, glich man die Uhrzeit mit dem üblichen Lauf der Schulstunden ab, so war jetzt eigentlich noch Schule.


    Witaj (Hallo) Bromira, ich lag offenbar richtig, daß Du hier sein würdest!


    Zog einen Stuhl nach rückwärts nahm darauf Platz und setzte sich. Einem Fremden, der eins und eins zusammenzählte mochte vielleicht auffallen, daß Nikoleta ihrer Mutter nicht so nannte, sondern mit dem Vornamen ansprach.

  • Bromiras Gesicht strahlte sichtlich Genugtuung aus.


    Das ist gut, weil wir haben ja keine wirklichen Geheimnisse voreinander und wenn Du mal so wenig Lust hast, daß Du blau machst... Gut ist das dann sicher nicht, aber Du hast ja Deinen eigenen Willen... Niemand braucht immer nur zu funktionieren!


    Aber sag, möchtest Du was essen und trinken, oder sollen wir jetzt lieber zum Bummeln aufbrechen?

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