Direktionsbüro der Stadtwerke

  • Benningsen, ein typischer Bürokrat, sitzt in seinem Büro und führt immer mal wieder - wobei das Gros der Gespräche natürlich Mitarbeiter übernehmen - Telephongespräche mit erzürnten Bürgern, die er aber immer wieder in der gleichen Wiese beantwortet.


    Ich kann weder Öl noch Gas herbeizaubern, daher bleibt mir nur Verbraucher abzuklemmen. Ich kann Ihnen auch Strom und Gas nicht schenken, der Gulden wird ja jeden Tag weniger wert. Ich könnte zwar stabile Abgabepreise sicherstellen, aber dann müßte ich die Kilowattstunde in einer harten ausländischen Währung berechnen und dann fragen Sie mich, woher Sie die nehmen sollen. Sie müssen jetzt eben mal damit leben, daß es nicht so warm und hell in den Wohnungen ist wie sonst, aber zeihen Sie sich eben zwei Pullover an und dann wird das schon! Ich kann Sie aber trösten, wenn Sie Schulden bei und hatten, können Sie die jetzt aus der Kaffeekasse bezahlen!

  • Der Direktorenwagen der korischen Energiewirtschaft trifft vor den Stadtwerken ein - die Straßen sind in Dunkelheit gehüllt - nur von den Fenstern aus dringt spärliches Licht in die Straßen, vor den Stadtwerken wurde allerdings zur Begrüßung das Licht gemacht. Dort wartet ein Ingenieur der gegenüber den Ankömmlingen erklärt, daß man Direktor Benningsen geweckt habe und dieser in wenigen Minuten eintreffen werde. Derweil besprechen die Koren mit den Wiedemündern, inwwieweit es gelingen, könnte das alte stillgelegte Kohlekraftwerk und womöglich gar das Gaswerk wieder in Betrieb zu nehmen.

  • Lässt sich vorfahren und beim Direktor anmelden.

    Die Sekretärin von Direktor Benningsen muß dem Ersuchen leider vorerst eine Absage erteilen, da Direktor Benningsen sich im Gespräch mit der korischen Delegation befindet, aber Havercamp wird angeboten, anstattdessen mit Benningsens rechter Hand, Gesche Hansen, von der manche sagen, sie verstünde mehr vom Geschäft als der Chef und die obendrein auch recht nett anzusehen ist, als stellvertretender Direktorin zu sprechen oder eben das Ende der Gespräche zu erwarten.

  • zur korischen Delegation


    Wissen Sie, meine Herren, die Frage scheint mir - bei aller Dankbarkeit für Ihr Angebot - zum einen, ob ihre Vorschläge legal umzusetzen sind, da sind ja zum einen Umweltschutzvorschriften und vorgeschriebene Prüfungen der Kesselsicherheit usw.


    Benningsen - der Jurist ist - zählt ganze Paragraphenketten auf


    Das alte Kohlekraftwerk ist zwar wegen der spezifischen Situation in unserer Stadt - also ich meine, daß Kraftwerksausfällen eben nur durch Vorhalten von im Regelbetrieb überflüssigen Reservekraftwerken begegegnet werden kann - , nicht abgebaut, aber schon seit Jahrzehnten außer Betrieb, das sind ja Kessel und Turbinen aus den 1950er Jahren, die seit den späten 1980ern nicht mehr genutzt wurden. Das Gaswerk wurde sogar schon 1976 abgeschaltet und ist heute ein Museum, Stadtgas ist ja - wie Sie wissen - giftig wegen des enthaltenen Kohlenmonoxyds und hat einen geringeren Heizwert, man müßte also die Düsen austauschen und wieder zurücktauschen, wenn auf Erdgas zurückgestellt wird.


    Wer soll das verantworten, solche Anlagen wieder in Betrieb zu setzen und die Feinstaub- und CO2 -Emissionen die meist wohl recht schwefelhaltige korische Kohle usw.


    Auch bei der Zusammenschaltung der Stromnetze sehe technische und rechtliche Hindernisse.

  • Direktor Haeckel leicht entnervt


    Das wissen wir natürlich alles. Aber erlauben Sie mal, man muß doch ein Einsehen haben, daß das hier so eine Art Notlage ist, wo jetzt irgendwelche kleinlichen Verwaltungsbestimmungen über den Schwefelgehalt von Abgasen usf. nicht das Entscheideneste sein können!? Es muß ihnen doch auch daran gelegen sein, einen Umsturz zu verhindern!?

  • Welchen Umsturz? Umstürze sind Sache der Regierung und der Polizei, wir von den Stadtwerken sind für die Versorgung und Entsorgung zuständig, mit Politik haben wir nichts am Hut. Ich weiß aber, dass ich mich strafbar mache, wenn ich die Sicherheits- und Umweltschutzbestimmungen nicht einhalte. Diese zu erlassen, war eine Grundsatzentscheidung der Politik, die ich zu respektieren habe. Abweichungen davon zuzulassen liegt beim Senat bzw. der Bürgerschaft.

  • noch entnervter


    Menschens Kind, Herr Direktor!


    Ich rede davon, daß die Kommunisten hier die Macht ergreifen könnten. Spätestens, wenn es unter Null Grad geht und in Ihren Wohnungen keine Heizung und kein Licht mehr da ist, kein Fahrstuhl mehr geht und kein Telephon, kein Fersehen und Internet und die Leute nicht kochen können und sich mal heiß Duschen. So verweichlicht wie hier alle sind, wird die Jablonska und ihre Puppe die Störtebecker dann nur mit dem Finger schnippen müssen!


    Können Sie uns denn wenigstens ein Gespräch mit dem Bürgermeister oder dem Senator vermitteln, am besten beiden gleichzeitig!? Das zur Wiederertüchtigung nötige ist auch nicht alles von heute auf morgen getan und die Zeit beginnt zu drängen, wie Sie selbst an Ihren Füllständen sehen! Wir sind jedenfalls nicht bereit, längerfristig Öl und Gas für Sie gegen Devisen zu kaufen, wo mit dem Kraftwerk und dem Gaswerk noch wieder in Betrieb setzbare Anlagen auf Kohlebasis vorhanden sind.

  • Gegen 22:30 schaltet Direktor Benningsen zusammen mit dem Chefingenieur per Fernsteuerung in den von den Kommunisten besetzten Gebieten Strom und Kommunikationsinfrastruktur ziemlich punktgenau ab, zum gleichen Zeitpunkt stellt er im übrigen Stadtgebiet mit Ausnahme der angrenzenden Straßenzüge die Beleuchtung an, Eingeweihte lassen Maschinen in Fabriken und Elektroheizungen anlaufen, damit nicht die Frequenz und die Spannung durch die Decke schießt, denn Wiedemünde ist nun mal nicht Teil eines großen Verbundnetzes, sondern ein Inselnetz ohne Verbindungen nach Korland oder Masowien als man sich von diesen beiden Regimes nicht abhängig machen wollte - ein Umstand der durchaus nicht geringe Kosten verursacht. Jedenfalls mit Rücksicht auf die Kleinheit des Stadtnetzes läuft alles relativ reibungslos, wenige Defekte an empfindlicher Elektronik mag es jedoch gegeben haben. Zum Glück ist es nicht zu einem totalen Blackout gekommen.

  • Da es keine Anweisungen durch den Bürgermeister gegeben hat und natürlich die Stadt auch entsprechend kein Kraftwerksschiff bestellt hat, haben mehr oder weniger die Techniker und Pragmatiker das Szepter übernommen - auch Benningsen macht inzwischen gute Mine zum völlig rechtswidrigen Spiel - und so versorgen die Stadtwerke die Altstadt wechselweise mit korischem und masowischem Verbundstrom in deren Netze die heilgebliebenen oder wiederhergestellten Stromerzeuger der Stadt einspeisen. Diese "elektrische Neutralitätspolitik" für die immer unbesetzte Altstadtinsel ist den Regierungen in Korland und Masowien auf unteroffizieller Ebene natürlich bestens bekannt und wird bisher geduldet.


    Einen Wehmutstropfen allerdings für die monatlang ohne echte Stromversorgung gebliebenen und daher schmerzfrei gewordenen Altstädter bedeutet das alles aber doch, die freilich zu nachtschlafender Zeit vorgenommene Umschaltung bewirkt doch jedesmal eine kurze Unterbrechung in der Stromversorgung mit den bekannten Konsequenzen für eingeschaltete und im Standbymodus befindliche Heimelektronik und Personalcomputer. Ganz risikofrei ist die Umschaltung, die man fachlich Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. nennt dann auch nicht, ein versehentliches zusammenschalten der beiden unsynchronisierten Netze hätte fatale Folgen.

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